Grippemittel Tamiflu: Zweifel an Wirksamkeit und Sicherheit

Weltweit haben Staaten Milliarden für das Grippe­mittel Tamiflu ausgegeben. Nun lässt eine Studie der Cochrane Collaboration vermuten, dass es weniger wirksam ist und mehr Neben­wirkungen aufweist als angegeben. Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Bewertung des Medikaments durch die Stiftung Warentest. Diese lautet nur: „mit Einschränkung geeignet“.

Eingelagert für den Ernstfall

Mit Tamiflu, einem Grippemittel zum Schlucken mit dem Wirkstoff Oseltamivir, macht das Pharmaunternehmen Roche Milliardenumsätze. Im Jahr 2009, auf dem Höhepunkt der „Schweinegrippe“, sollen es 3,37 Milliarden US-Dollar gewesen sein. Denn viele Staaten haben Tamiflu-Vorräte angeschafft und eingelagert – für den Fall von Grippeepidemien oder Grippepandemien. 2002 hatte die Weltgesundheitsorganisation eine entsprechende Empfehlung herausgegeben. Demnach soll Tamiflu im Ernstfall die Ausbreitung der Erreger bremsen und schwere Komplikationen wie Lungenentzündungen vermeiden.

Forscher werten unveröffentlichte Daten aus

Doch die bisher veröffentlichten Daten waren offenbar zu positiv. Das zeigt die Cochrane Collaboration, ein internationales Netzwerk unabhängiger Wissenschaftler, in einer kürzlich erschienenen Studie. Dafür werteten die Forscher nicht nur veröffentlichte Daten aus, sondern auch unveröffentlichte, zum Beispiel aus den Archiven von Zulassungsbehörden. Anhand dieser Daten ließ sich nicht belegen, dass Tamiflu schwere Grippe-Komplikationen verhindert oder die Ansteckungsgefahr senkt. Die Forscher fanden nur Nachweise, dass Tamiflu die Grippebeschwerden von üblicherweise knapp sieben Tagen um etwa einen Tag verkürzt. Auch die Stiftung Warentest bewertet das Medikament seit langem nur als „mit Einschränkung geeignet“.

Nebenwirkungen schwerer als vermutet

Nach Erkenntnissen der Studie der Cochrane Collaboration hat Tamiflu zudem wohl mehr Nebenwirkungen als angegeben. Im Beipackzettel steht, dass es am häufigsten Erbrechen, Übelkeit und Kopfschmerzen verursacht. Diese Beschwerden treten bei rund 10 von 100 Behandelten auf. Doch auch schwere psychische Probleme seien in klinischen Studien vorgekommen – aber nicht veröffentlicht worden, schreiben die Forscher. In den veröffentlichten Studien dagegen heiße es, Tamiflu verursache keine schweren Nebenwirkungen. Zudem kritisieren die Forscher, dass Roche ihnen manche Tamiflu-Studien nicht vollständig zur Verfügung gestellt habe. Diese Daten dürften der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht verschlossen bleiben.

Noch nicht alle Daten veröffentlicht

Bislang hat das der Pharmahersteller Roche noch keine weiteren Daten an die Cochrane Collaboration übermittelt, teilt eine Sprecherin auf Nachfrage von test.de mit. Derzeit seien fast 80 Prozent der klinischen Daten von Roche zu Tamiflu der Wissenschaftsgemeinde zugänglich, etwa in Form von Veröffentlichungen in Fachjournalen. Der Rest solle folgen. „Roche steht hinter den Daten, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Tamiflu belegen“.

Tamiflu wirkt nur gegen Influenzaviren

Die Cochrane-Analyse bestätigt die Bewertung der Stiftung Warentest. Demnach ist Tamiflu aufgrund seiner geringen nachweislichen therapeutischen Wirksamkeit nur „mit Einschränkung geeignet“. Übrigens ist es nicht nur für Grippeepidemien und -pandemien zugelassen, sondern auch bei vereinzelter Grippe. Es wirkt aber nur gegen Grippeviren (Influenzaviren), nicht jedoch gegen Erkältungsviren. Der Unterschied zwischen den beiden Krankheiten lässt sich aber nicht immer gut und schnell erkennen. Die Patienten müssen Tamiflu nämlich möglichst rasch – spätestens 48 Stunden nach Beginn der Beschwerden – einnehmen, damit es überhaupt Effekte zeigt. Dann verkürzt es die Krankheitsdauer um etwa einen Tag.

Vorbeugewirkung unklar

Ob es nützt, Tamiflu vorbeugend bei Kontakt mit Grippekranken einzunehmen, ist unklar. Das kann zwar bei einigen Anwendern die Entwicklung von Grippesymptomen verhindern – es ist aber noch offen, ob die scheinbar Gesunden dennoch Grippeviren weiter verbreiten. In Deutschland ist übrigens noch ein zweites Grippemittel zugelassen, das die Weltgesundheitsorganisation ebenfalls für den Pandemiefall empfiehlt: Relenza (Wirkstoff Zanamivir). Es wirkt ähnlich wie Tamiflu, ist aber zum Inhalieren und wurde in der aktuellen Cochrane-Studie noch nicht abschließend bewertet.

Schutzmaßnahmen gegen Grippe

Um der Grippe vorzubeugen, wird manchen Menschen – chronisch Kranken, über 60-Jährigen, Schwangeren, Pflegeheimbewohnern, medizinischem Personal – jährlich ab Herbst offiziell eine Grippe-Impfung empfohlen. Auch einfache Hygieneregeln verringern die Ansteckungsgefahr, vor allem häufiges Händewaschen und Niesen oder Husten in die Armbeuge. Solche Maßnahmen – und das Tragen von Atemmasken – können auch im Fall einer Grippeepidemie oder -pandemie die Verbreitung der Viren bremsen. Zudem versuchen Firmen dann, möglichst schnell passende Impfstoffe zu produzieren.

Tipp: Genauere Infos zu Tamiflu, zu Grippe im Allgemeinen und zu vielen anderen Krankheiten und Medikamenten finden Sie online in unserer Datenbank Medikamente im Test.

Stiftung Warentest

 

 

 

 

Quelle: Stiftung Warentest

Bei grippalen Infekten gibt es eine Reihe von Möglichkeiten sich zu schützen. Schauen Sie dazu hier: http://blog.energiemedizin.de/?p=4107
Greifen Sie nicht gleich zu Tabletten. Sollte sich aber Fieber einstellen ist der Besuch beim Arzt anzuraten.

Achim Steffan & Team

 

 

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